9/26/2017

Hält das § 86 a STGB Diktum des Oberstaatsanwalt Weiss vom OLG München dem Popperschen Abgrenzungskriterium der Falzifizierbarkeit stand?

Wenn einem soviel intellektuelle Firepower geliefert wird, argumentativ und instrumental und normativ, dann fühlt man sich einfach verpflichtet, diese Oberstaatsanwalt Weiss-5. Strafsenat-OLG Münchensche juristische Expertise dem harten Praxistest zu unterziehen. Quasi eine Poppersche Wahrheitsfindung. Hält das OStA Weissche Diktum dem Abgrenzungskriterium der Falzifizierbarkeit stand oder schlabbert es dahin wie eine Weisswurst am Nachmittag? Nur die Praxis kann dies leisten und deswegen der Live Test bei der Staatsanwaltschaft in seinem Dunstkreis.

Staatsanwaltschaft München I
Linprunstraße 25
80097 München

26. Sept. 2017

Hiermit erstatte ich Strafanzeige gegen den

Münchner Merkur

Münchener Zeitungs-Verlag GmbH & Co.KG, Paul-Heyse-Str. 2-4, 80336 München

wegen des Verstosses gegen den § 86a STGB.

Begründung:

Am 23.03.2017 veröffentlichte der Münchner Merkur unter der URL <https://www.merkur.de/politik/tuerkische-zeitung-guenes-steckt-kanzlerin-angela-merkel-in-nazi-uniform-zr-7815068.html> folgenden Text zusammen mit einem Bild von Kanzlerin Angela Merkel gekleidet in Nazi Uniform mit zwei deutlich sichtbaren Swastika (Anlage 1):
Aktualisiert: 23.03.17
Geschmacklos: Türkische Zeitung steckt Merkel in Nazi-Uniform
Ankara - Angela Merkel als "Frau Hitler" in Nazi-Uniform - so sieht die türkische Boulevardzeitung "Günes" die deutsche Regierungschefin.
Der Text lässt jegliche Distanz zum Nationalsozialismus vermissen und bemängelt lediglich die Geschmacklosigkeit.

Der Münchner Merkur wusste und ich erlaube mir unter expliziter Anerkennung des Copyrights keinen Geringeren als den Oberstaatsanwalt Weiß des 5. Strafsenats des OLG München aus seinem Brief an mich vom 13.09.2017 zu zitieren, als er zu meiner anscheinend gesetzesbrechenden Veröffentlichung eines Blog Posts mit dem Bild der ex-Yahoo Chefin Marissa Mayer in NS Uniform (siehe Anlage 2) eine überzeugende und thematisch sukzinkte Erläuterung formulierte und damit meiner Revisionsschrift keinen Erfolg bescheinigte:
"§ 86a StGB ist ein Organisationsdelikt, das die abstrakte Gefahr einer ldentifizierung mit dem Bedeutungsgehalt symbolträchtiger Kennzeichen, deren Verbreitung den Anschein erwecken könnte, verfassungswidrige Organisationen könnten ungehindert ihre Wiederbelebung betreiben (BGHSt 25, 30. 32f.), unter Strafe stellt. Der Tatbestand dient der formalen Ausgrenzung bestimmter Symbole aus den zulässigen Kommunikationsformen (Tabuisierung), um einem Gewöhnungseffekt vorzubeugen (Fischer, StGB. 64. Autl.. § 86a Rn. 2 ff.; BVerfG NJW 2006. 3050, 3051). Ausnahmen sind geboten, wenn das Verhalten trotz äußerer Verwendung der Kennzeichen dem Schutzzweck erkennbar nicht zuwiderläuft (Fischer, StGB, 64. Aufl., § 86a Rn. 2a; BGH 25. 30. 32 f.). Diese Rechtsprechung ist mit der Verfassung vereinbar (Fischer. StGB. 64. Aufl., § 86a Rn. 2a; BVerfG NJW 2006, 3052). Die Ausnahmen erfordern eine objektiv erkennbare Distanzierung von den verwendeten verfassungsfeindlichen Symbolen, insbesondere wenn die Kennzeichen offenkundig zum Zwecke der Kritik der verbotenen Organisationen eingesetzt werden oder der Kontext ergibt, dass eine Wirkung auf Dritte in einer dem Symbolgehalt entsprechenden Richtung ausscheidet (Fischer. StGB. 64. Aufl.. § 86a Rn. 2a; BGH 25. 133. 136). 
Ausgehend von den vom Landgericht getroffenen Feststellungen zur konkreten Art der Verwendung des Hakenkreuzes (verbotenes Symbol der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft) durch den Angeklagten (UA S. 7/8) begegnet die Wertung des Landgerichts, dass daraus eine offenkundige Kritik an der Organisation nicht hervorgeht, gemessen an den höchstgerichtlichen Vorgaben keinen rechtlichen Bedenken. Zutreffend führt das Landgericht aus, dass sich auch nicht aus dem Kontext der Verwendung ergebe, weshalb das Bild der Geschäftsführerin von Yahoo in einer NS-Uniform gezeigt werde (UA S. 9/10). Es fehlt an der eindeutigen Distanzierung zu den verwendeten Symbolen und es ergibt sich im Gesamtzusammenhang auch nicht eine erkennbar karikaturhafte Verwendung, aus der sich objektiv ohne weiteres eine Distanzierung ableiten ließe. 
Die festgestellte Verwendung und Gestaltung der verfahrensgegenständlichen Bilder unter Verwendung von Symbolen der NS-Gewaltherrschaft lässt vielmehr vielgestaltige Interpretationen zu, auch eine Interpretation, die gerade nicht als Distanzierung anzusehen ist. 
Ein Ausnahmefall gemäß § 86a Abs. 3 i.V.m. § 86 Abs. 3 StGB liegt offensichtlich nicht vor (vgl. UA S. 9)."
Demnach kann kein Zweifel bestehen, dass es sich bei der genannten und gezeigten Veröffentlichung um einen klaren Verstoss gegen den § 86 a STGB handelt. Der Münchner Merkur kann auch keine Ausnahme reklamieren, denn laut OStA Weiss vom OLG München erfordern Ausnahmen "eine objektiv erkennbare Distanzierung von den verwendeten verfassungsfeindlichen Symbolen, insbesondere wenn die Kennzeichen offenkundig zum Zwecke der Kritik der verbotenen Organisationen eingesetzt werden oder der Kontext ergibt, dass eine Wirkung auf Dritte in einer dem Symbolgehalt entsprechenden Richtung ausscheidet (Fischer. StGB. 64. Aufl.. § 86a Rn. 2a; BGH 25. 133. 136)".

Da die Münchener Zeitungs-Verlag GmbH & Co.KG ein kommerzielles Unternehmen ist, muss vielmehr davon ausgegangen werden, "dass der (Beschuldigte) dieses Bild mit Hakenkreuz seinem Artikel voranstellte, um einen plakativen Aufhänger für seinen (Artikel) ... zu haben. Gerade dies soll aber durch den § 86 a STGB vermieden werden. Der Tatbestand dient der formalen Ausgrenzung bestimmter Symbole aus den zulässigen Kommunikationsformen (Tabuisierung), um einem Gewöhnungseffekt vorzbeugen", wie Richterin Bassler vom LG München beschied in ihrem Urteil vom 10. Mai 2015, AZ 18 Ns 112 Js 170286/14 auf den Seiten 7 und 8.

Ich bitte daher, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und mich über das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu informieren.

Mit besten Grüssen

Anlage 1

Anlage 2


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